Juli 2016 Stellungnahme der LEV zum Erlass über Klassenfahrten


Kurzform: Die LEV Gymnasien spricht sich aus für

  • längere Klassenfahrten
  • eine Erhöhung der Obergrenze für die Kosten von Klassenfahrten
  • flexiblere Handhabung besonderer Anlässe für Klassenfahrten
  • den Erhalt des Mitbestimmungsrechts der Eltern in Bezug auf die Organisation von Klassenfahrten
  • eine Überarbeitung des Erlasses in den folgenden konkreten Punkten:

Die Stellungnahme kann man hier herunterladen. Den Erlass des Bildungsministeriums vom 08.09.2016 findet man im Amtsblatt des Saarlandes.


Erlass über Bildungs- und Erziehungsarbeit an außerschulischen Lernorten sowie über die Festsetzung von Pauschvergütung gemäß § 18 des Saarländischen Reisekostengesetzes (SRKG)

Vom ….. 2016 (Stand 17.05.2016)

Stellungnahme der LEV Gymnasien

Die Landeselternvertretung der Gymnasien bedankt sich für die Gelegenheit, zu dem Entwurf des „Erlass über Bildungs- und Erziehungsarbeit an außerschulischen Lernorten sowie über die Festsetzung von Pauschvergütung gemäß §18 des Saarländischen Reisekostengesetzes (SRKG)“ Stellung zu nehmen. Die Elternvertreter begrüßen, dass mehrere Richtlinien und Erlasse in einem modernen Erlass zusammenfließen. Der Schutz von Eltern und Lehrkräften vor großen finanziellen Belastungen durch Klassenfahrten ist angesichts der zu beobachtenden Entwicklung in diesem Bereich ein wichtiger Schritt. Unsere Kommentare haben wir entsprechend den Abschnitten des Erlassentwurfes sortiert.

2.1 Unterrichtsgänge

„Unterrichtsgänge sind kostenneutral durchzuführen.“ Der Bezugsrahmen für die Kostenneutralität ist nicht genannt. Sollen Unterrichtsgänge tatsächlich für alle kosten­neu­tral sein, so können sie nur zu Fuß und ohne Eintrittsgelder stattfinden. Ist die Kostenneutralität für die Schule gemeint – d.h. die Umlegung von Fahrt- und Eintrittsgeldern auf die Eltern – sollte dies auch so benannt werden.

2.2 Schulwanderungen

„Schulwanderungen … bieten Anlässe für soziales Lernen und erleichtern den Inklusions­prozess. Sie sind im Klassenverband durchzuführen.“ Dass gerade Wanderungen zur Inklusion körperbehinderter Kinder beitragen sollen, er­scheint zweifel­haft und ist auch im europäischen Ausland keine Selbstverständlichkeit. Ein eingefügtes Modalverb könnte die Aussage relativieren, z.B. „… und können den Inklusionsprozess erleichtern.“

2.3 Schulfahrten

Schulfahrten … sind so zu planen, dass grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse oder eines Kurses uneingeschränkt an dem Bildungs- und Erziehungsangebot teil­ha­ben können.“ Ist hier an die Begleitung von Inklusionsschülern durch helfende Erwachsene gedacht? Wie ist die Kostenübernahme für diese geregelt?

„Für mehrtägige Schulfahrten können

  • in den Klassenstufen 1 bis 4 insgesamt bis zu drei Kalendertage,
  • in den Klassenstufen 5 und 6 insgesamt bis zu fünf Kalendertage,
  • in der Sekundarstufe I ab Klasse 7 bis zum Beginn der Gymnasialen Oberstufe insgesamt bis zu fünf Kalendertage und
  • in der Sekundarstufe II insgesamt bis zu fünf Kalendertage

in Anspruch genommen werden.“ Die Elternvertreter merken an, dass verglichen mit den bisherigen Richtlinien und mit den Vorgaben anderer Bundesländer die zeitlichen Restriktionen besonders eng gefasst sind. Auch wenn kurze Fahrten im Grundschulbereich geeignet scheinen, emotionale Überforderung der Schüler zu vermeiden, spricht in den Augen der Elternvertreter nichts gegen eine großzügigere Handhabung der Obergrenzen – insbesondere da es günstige Angebote für längere Aufenthalte in Schullandheimen gibt. Denkbar wäre eine Ausweitung auf

  • bis zu fünf Kalendertagen für die Klassen 1-4
  • bis zu sechs Kalendertagen sonst.

„Ab Klassenstufe 5 der weiterführenden Schulen dürfen je Klassenstufe beziehungsweise je Jahr der schulischen Ausbildung höchstens 100 € je Schülerin oder Schüler veranschlagt werden. Die Beträge können für mehrtägige Fahrten über mehrere Klassenstufen be­ziehungs­weise Jahre der schulischen Ausbildung hinweg zusammengefasst werden.“ Die LEV Gymnasien begrüßt die Rücksichtnahme auf finanziell weniger belastbare Familien durch das Bildungsministerium. Die Obergrenze von 100€ halten die Elternvertreter aber für zu knapp geschätzt, insbesondere bei der sehr sinnvollen Einbeziehung der Verpflegungskosten in das Gesamtbudget. Wir schlagen vor, die Obergrenze auf mindestens 120€ zu erhöhen. Gleichzeitig sollte eine regel­mäßige Anpassung an die Inflation vorgenommen werden.

2.4 Fahrten aus besonderem Anlass

„Mit dem Schulleben sind herkömmlicherweise Fahrten aus besonderem Anlass verbunden, die zu Repräsentationszwecken oder zur Teilnahme an Wettbewerben durchgeführt werden. Dazu gehören beispielsweise Fahrten von Schulchören, Schulorchestern oder Schulsportmannschaften.“ Die LEV Gymnasien hält die Ausnahmeregelungen für die Obergrenzen von Fahrtkosten für sinnvoll und konstruktiv. Sie sind von besonderer Bedeutung für Schulen mit spe­ziellen Profilen wie Sportzweigen und bilingualen Zweigen. Es sollte die Möglichkeit erhalten bleiben, freiwillige Fahrten in klassenübergreifenden Gruppen anzubieten, die etliche Gymnasien traditionell anbieten. Dazu könnten z.B. Sportfreizeiten gehören. Die LEV Gymnasien schlägt vor, diese und ähnlich Fahrten unter 2.4 (Fahrten aus besonderem Anlass) einzuschließen, da freiwillige Fahrten weniger sozialen Druck ausüben und der finanziellen Belastung eher ausgewichen werden kann. Wir schlagen folgende Formulierung vor:

„Mit dem Schulleben sind herkömmlicherweise Fahrten aus besonderem Anlass verbunden, die zu Repräsentationszwecken, zur Teilnahme an Wettbewerben oder freiwillig zu Lern- und Übungszwecken durchgeführt werden. Dazu gehören beispielsweise Fahrten von Schulchören, Schulorchestern oder Schulsportmannschaften und freiwillige Sportfreizeiten, intensive Übungszeiten für Schulorchester o.Ä.“

2.5 Internationale Begegnungen

„Internationale Begegnungen sind Unternehmungen, in deren Rahmen die projektorientierte Begegnung mit ausländischen Schülerinnen und Schülern den Schwerpunkt bildet. Sie fördern die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Gesellschaften und leisten so einen besonderen Beitrag zur interkulturellen Erziehung, zur Vermittlung landeskundlicher Kenntnisse und zum Erwerb von vertieften Sprachkenntnissen der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler.“  Die Anerkennung einer Auslandsfahrt als „Internationale Begegnung“ sollte nach Meinung der Elternvertreter erleichtert werden, damit insbesondere Schulen mit bilingualen Zweigen nicht auf ihre zum Profilbereich passenden Fahrten verzichten müssen. Für deutsche Schulen finden sich in manchen Ländern nicht genügend Partnerschulen, um einen Schüleraustausch zu organisieren. Das betrifft vor allem solche Länder, in denen Deutsch als Fremdsprache in der Schule einen wesentlich niedrigeren Stellenwert hat als die Landessprache in deutschen Schulen (z.B. England und zunehmend auch Frankreich). Die LEV Gymnasien schlägt folgende Umformulierung vor:

„Internationale Begegnungen sind Unternehmungen, die die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Gesellschaften fördern und so einen besonderen Beitrag zur interkulturellen Erziehung, zur Vermittlung landeskundlicher Kenntnisse und zum Erwerb von vertieften Sprachkenntnissen der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler leisten. Im Rahmen der Schulfahrt soll versucht werden, projektorientierte Begegnungen mit ausländischen Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen.“

3.1 Grundsätze für die Planung und Durchführung

Das Votum der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schülerinnen und Schüler dient den Lehrkräften zur Orientierung für die Planung.“ Diese Neuregelung schwächt die Einwirkungsmöglichkeiten der Eltern, wie sie in den (durch den neuen Erlass zu ersetzenden) Richtlinien für Klassenfahrten beschrieben sind. Die in den Richtlinien eingeräumte Möglichkeit einer Ablehnung von Fahrten durch die Eltern wird im Erlassentwurf ersetzt durch die Abgabe eines Stimmungsbildes, dass die Lehrkraft zwar zur „Orientierung“ aber nicht zu einer Anerkennung des Elternwillens verpflichtet. Die Elternvertreter wünschen sich in diesem Punkt die Beibehaltung der bisherigen Regelung:

„Bei mehrtägigen Veranstaltungen ist der Klassenelternversammlung Gelegenheit zu geben, rechtzeitig die Planung und die Kosten der Veranstaltung zu erörtern; die Klassenelternversammlung fasst ihren Beschluss über das Vorhaben in geheimer Abstimmung.“

„Schulen erstellen ein Konzept für die Veranstaltungen im Sinne dieses Erlasses für einzel­ne oder übergreifende Klassenstufen. Darin werden die dem Profil der einzelnen Schule entsprechenden, immer wiederkehrenden vorgesehenen Veranstaltungen gemäß den Nummern 2.2. bis 2.5 mit einer auf bisheriger Erfahrung beruhenden Abschätzung der Kosten aufgeführt. Dieses Fahrtenkonzept wird von der Schulkonferenz auf Vorschlag der Gesamtkonferenz beschlossen. Gleiches gilt für eventuelle Änderungen und Ergänzungen.“ Die LEV Gymnasien begrüßt das besondere Gewicht, dass auf Trans­pa­renz für alle an Schulen Beteiligten gelegt wird. Möglicherweise wäre an dieser Stelle ein Satz über die Veröffentlichung der zu entwickelnden Konzepte für (angehende) Schüler und Eltern der Schulen sinnvoll.

„Die Veranstaltung beginnt und endet grundsätzlich an der Schule. Nach Absprache mit der Schulleitung sowie bei Einverständnis aller Erziehungsberechtigten oder aller betroffe­nen Schülerinnen und Schüler können sowohl Start- als auch Zielort abweichend davon gewählt werden, wenn sichergestellt ist, dass diese für die betroffenen Schülerinnen und Schüler in Abhängigkeit von ihrem Alter und ihrer Reife zumutbar gefahrlos erreicht werden können.“ Die LEV Gymnasien ist irritiert angesichts der Widersprüche, die sich einerseits zwischen dieser Regelung und dem konsequenten Ausschluss privater Kraftfahrzeuge, andererseits zwischen einer Kostendeckelung und den privaten Kosten für individuelle Anreisen zum Start- oder Abreisen vom Zielort ergeben.

  1. Bedeutet das zumutbare Erreichen ein Erreichen des Zielortes ohne die Hilfe der Erziehungs­berechtigten? Etliche Schulfahrten beginnen und enden beispielswiese zurzeit für Saar­brücker Schulen am Hauptbahnhof. Die Zumutbarkeit des Erreichens des Hauptbahnhofes durch die Schüler unter ausschließlicher Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel ist gewiss individuell unterschiedlich, insbesondere bei der Inklusion von Kindern mit Entwicklungs­verzögerungen. Wer entscheidet über die Zumutbarkeit und in welcher Form geschieht dies?
  2. Die Zumutbarkeit bei älteren Kindern wächst um einen beträchtlichen Faktor. Sind dann individuelle Anreisen etwa per Zug in deutsche Großstädte zumutbar, wenn man schlichtweg Start- und Zielort der Schulfahrt dorthin verlegt? Gelten in einem solchen Fall die Kosten als Kosten für die Schulfahrt oder nicht, da der Startpunkt ja verlegt wurde? Es ist zwar zurzeit möglich, bei längeren Schulfahrten diese Details zu diskutieren und unter den Eltern abzustimmen, bei eintägigen Ausflügen werden die Eltern meist nur durch Handzettel informiert, die zu unterschreiben sind. Hier in einen Austausch zu treten und sein Einverständnis für individuelle Anreisen nicht zu geben, erscheint kaum realisierbar.

Die Elternvertreter schlagen vor, diesen Absatz konkreter zu fassen, da ausufernde individuelle Anfahrten auf eigene Kosten nicht intendiert sein können. Am einfachsten und gerechtesten erscheint uns, die Ausnahme (2. Satz) nur für mehrtägige Fahrten zuzulassen, da über diese – zumindest nach Wunsch der LEV Gymnasien – auf einem Elternabend abgestimmt werden muss:

„Nach Absprache mit der Schulleitung sowie bei Einverständnis aller Erziehungsberechtigten oder aller betroffe­nen Schülerinnen und Schüler können bei mehrtägigen Fahrten sowohl Start- als auch Zielort abweichend davon gewählt werden, wenn sichergestellt ist, dass diese für die betroffenen Schülerinnen und Schüler in Abhängigkeit von ihrem Alter und ihrer Reife zumutbar gefahrlos erreicht werden können. Bei eintägigen Fahrten sollte immer eine Begleitung von der Schule zum Startpunkt und vom Zielpunkt zur Schule zurück durch eine Lehrkraft angeboten und von den Eltern explizit (ab)gewählt werden.“