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Themenseite Leistungsmessung

Zustand: Staatliche Bildungssysteme bemühen sich stets um die schwierige Vereinbarkeit zweier entgegengesetzter Ziele: Es ist Konsens, dass Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit verstärkte Anstrengungen nötig machen, individuell für den Ausgleich von Benachteiligungen im Zusammenhang mit Bildungskarrieren zu sorgen. Gleichzeitig ist der Selektionsauftrag der Bildungssysteme wesentliche Voraussetzung für die Zuweisung geeigneter Anwärter in Ausbildungs-, Studien- und Berufsangebote. Ein adäquates Gleichgewicht zu finden zwischen individueller Anerkennung und Förderung einerseits und Vergleichbarkeit von Leistungen andererseits, ist deswegen ein ebenso komplexes wie wichtiges Ziel. Der heutige Umgang mit Schullaufbahnempfehlungen, Versetzungsentscheidungen und Leistungsbewertungen ist in diesem Kontext zu untersuchen.

Analyse: Schullaufbahnempfehlungen sind inzwischen in fast allen Bundesländern unverbindlich. Für dieses Vorgehen sprechen Studienergebnisse, die beispielsweise auf eine problematische Einschätzung von Kindern mit Migrationshintergrund hinweisen. Auch das Mittel der Klassenwiederholung wird inzwischen zurückhaltender eingesetzt als früher, was ebenfalls von Studien gestützt wird. Der Auftrag, Förderung, Motivation und gerechte Bewertung zu verbinden, ist ein beachtliches Ziel. Erste Erfahrungen mit einer Neujustierung der Leistungsbewertung im Saarland durch den neuen Erlass zur Leistungsbewertung zeigen deutlich die Bereiche auf, bei denen jetzt und wahrscheinlich auch in Zukunft um die richtige Balance gerungen werden muss. Die detaillierte Stellungnahme der LEV Gymnasien zu diesem Erlass ist weiter unten nachzulesen. Die Forderungen sind im Folgenden kurz zusammengefasst und erweitert.

Forderungen:

→ Überprüfung von Reliabilität, Objektivität und Validität verschiedener Bewertungsverfahren
→ 
Förderung von Sozial- und Personalkompetenzen als Teil des Bildungsauftrags; Verzicht auf explizite Benotung mangels zuverlässiger Bewertungsmaßstäbe
→ 
Klärung der letztlichen Entscheidungsbefugnis bei der Auswahl zwischen verschiedenen Formen der Leistungsmessung
→ 
Reduzierung mündlicher Prüfungen auf ein Minimum; Verzicht auf mündliche Gruppenprüfungen
→ 
Bewahrung einer ausreichend großen Zahl klassenweiter schriftlicher Leistungskontrollen zur Analyse des Lernstandes der ganzen Lerngruppe
→ 
Garantie eines Mindestabstands zwischen Fehltagen eines Schülers und Nachholterminen für verpasste Prüfungen
→ 
Keine gegenseitige Benotung durch Mitschüler wegen mangelnder Neutralität und Distanz – Notengebung ausschließlich durch Fachkräfte mit entsprechender inhaltlicher und didaktischer Ausbildung
→ 
Einführung von Ganzjahreszeugnissen mit Notenüberblick über das ganze Jahr (zwei Halbjahres- und eine Ganzjahresnote pro Fach)
→ 
Analyse von Bedingungen für wirksame Klassenwiederholungen
→ 
Bewahrung der Kombination von Elternentscheidung und unverbindlicher Schul”-laufbahnempfehlung; eventuell Einführung eines verpflichtenden Beratungsgesprächs vor Aufnahme an einem Gymnasium bei fehlender Empfehlung
→ 
Kritische Auseinandersetzung mit dem 2017 veröffentlichten Leistungsbewertungserlass am Ende der Probephase vor den Sommerferien 2018 unter Einbeziehung von Eltern-, Lehrer- und Schülervertretung

Quellen:

Deine Stärken: Anforderungen für das Gymnasium je nach Bundesland: alle Regelungen übersichtlich aufgeführt, http://www.deine-staerken.org/anforderungen-fuer-das-gymnasium-je-nach-bundesland-alle-regelungen-uebersichtlich-aufgefuehrt.html, 2014

Erlasse und Stellungnahmen

Im Juli 2016 hat das Bildungsministerium einen neuen “Erlass zur Leistungsbewertung in den Schulen des Saarlandes” veröffentlicht. Dieser Erlass ersetzt den bisherigen “Erlass betreffend Klassen- und Kursarbeiten” und etliche Ergänzungen und sorgt damit für mehr Übersicht. Inhaltlich gibt es einige wesentliche Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Erlass, die mit gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte zusammenhängen. Im Vorfeld der Veröffentlichung wurden Lehrer-, Schüler- und Elternverbände angehört. In den kommenden Monaten ist ein weiterer Austausch über die Umsetzung der Vorgaben und Anpassungsbedarf nötig. Die LEV Gym möchte auf dieser Seite einen kurzen Überblick über die Kernpunkte und Kernprobleme aus Sicht der Eltern geben. Per Mausklick können die kompletten Dateien ausgewählt werden.