Themenseite Inklusion – Handlungsanleitung für betroffene Eltern
Informieren Sie sich:
Rechtliche Grundlagen
Behinderung: Als Behinderungen gelten langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen (Behindertenrechtskonvention)
Verbot der Benachteiligung: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden (Grundgesetz, Artikel 3).
Gebot der Veränderung: Die sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen und Faktoren müssen sich verändern, um dem behinderten Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen (Behindertenrechtskonvention)
Anhörungspflicht: Eltern und volljährige Schüler sind vor Erlass des Verwaltungsaktes (z.B. Anerkennung einer Behinderung) anzuhören (§ 28 VwVfG)
Akteneinsicht: Eltern haben Recht auf Akteneinsicht bzw. Bezug von Kopien aus der Schülerakte (Art. 6 S. 1 GG)
Recht auf Beistand: Eltern können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen oder einen Beistand zu Besprechungen mitnehmen (§ 14 I VwVfG)
Schriftlichkeit: Verwaltungsakte sind schriftlich zu übermitteln und umfassend zu begründen (§ 39 I VwVfG). Ohne Rechtsbehelfsbelehrung gilt eine Einspruchsfrist von einem Jahr.
Inklusionsverordnung: Die saarländische Inklusionsverordnung gibt den verfahrensrechtlichen Rahmen vor, in dem der individuellen Ausgangslage der Schülerin oder des Schülers Rechnung getragen werden soll. Laut Rundschreiben vom April 2017 gelten §§ 14-16 der Inklusionsverordnung auch für die saarländischen Gymnasien – sie regeln die Gewährung von Nachteilsausgleichen. Die übrigen Regelungen werden aufsteigend ab Klasse 5 eingeführt.
Sorgfaltspflicht: Zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht von Lehrkräften und Schulamt kann es notwendig sein, Experten heranzuziehen und an wichtigen Entscheidungsprozessen zu beteiligen.
Möglichkeiten für Eltern
Schulen sind nicht nur verpflichtet, Behinderungen im Schulalltag und in Prüfungssituationen zu berücksichtigen, sie müssen die Betroffenen und ihre Erziehungsberechtigten auch angemessen in die Entscheidungsprozesse einbeziehen:
Vor der Entscheidungsfindung sind Erziehungsberechtigte bzw. volljährige Schüler anzuhören. Zu dieser Anhörung können Sie einen Beistand mitbringen, der Sie bei Ihrem Anliegen unterstützt. Ein ärztliches Attest kann vorgelegt werden, das neben einer Beschreibung der Einschränkung auch Empfehlungen für Nachteilsausgleiche enthalten kann. Allerdings sind diese Empfehlungen für die Schule nicht bindend.
Während der Entscheidungsfindung müssen Lehrkräfte und Schulamt sorgfältig abwägen und Regelungen finden, die Benachteiligungen eines Schülers ausgleichen, ohne ihm einen Vorteil gegenüber den Mitschülern zu verschaffen. In manchen Fällen ist diese Abrenzung schwer zu ziehen – dann sollten Sie darauf achten, dass die entsprechenden Gremien (z.B. Klassenkonferenz) bzw. das Schulamt Experten in den Entscheidungsprozess einbezieht, die sich mit den Auswirkungen der Beeinträchtigung auskennen.
Nach der Entscheidungsfindung muss Erziehungsberechtigten oder volljährigen Schülern ein schriftliches Dokument zugestellt werden, in dem die Entscheidung klar beschrieben und begründet wird. Gegen die Entscheidung kann Widerspruch erhoben werden. In jedem Fall ist zwischen Lehrkräften und betroffenen Schülern (und ihren Erziehungsberechtigten) zu klären, ob und in welcher Weise die Mitschüler über Ausnahmeregelungen informiert werden.
Ein Verzicht auf das Grundrecht auf Berücksichtigung einer Behinderung ist von keiner Seite möglich. Allerdings kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, vorübergehend auf die Ausübung dieses Grundrechts zu verzichten, z.B. wenn die soziale Situation in einer Klasse gegen Ungleichbehandlung spricht. Dies hat keinerlei Auswirkung auf Ansprüche, die später geltend gemacht werden können.