September 2016 Thema Abitur und Studierfähigkeit
Landeselternvertretung der Gymnasien fordert: Universitäten sollen endlich handeln
Auch nach den neuesten Bildungsreformen sind Klagen zu hören, dass Abiturienten nicht ausreichend auf das Studium vorbereitet seien. „Diese Klagen sind so alt wie die Universitäten“, geben die Vorsitzenden der LEV Gymnasien, Nicola-Anna Rödder und Stefan Münkner, zu bedenken. Dass bei einer wesentlich größeren Zahl von Studienanfängern mehr Probleme auftreten, sei nicht verwunderlich. Die Schwierigkeiten müssen analysiert werden, damit praktische Schritte zur Verbesserung der Situation eingeleitet werden können.
Die LEV Gymnasien möchte eine Diskussion über folgende Fragen führen:
- Ist der Begriff „Studierfähigkeit“ genau genug definiert? Die „Studierfähigkeit“ beschreibt Anforderungen, die mindestens nötig sind, um ein beliebiges Studium zu bewältigen. Wissen und Fähigkeiten sollten so konkret beschrieben werden, dass sie zuverlässig überprüft werden können. Die Elternvertreter rufen zu intensiverem Austausch zwischen Universitäten und Schulen auf.
- Macht die Kultusministerkonferenz ihre Ankündigung wahr und entwickelt Mindeststandards für das Abitur? In ihrem Beschluss von 2004 kündigt die KMK an, zunächst Regelstandards einzuführen, die angeben, was ein durchschnittlicher Schüler in jedem Fach können sollte. Die Einführung von Mindeststandards bedürfe weiterer Vorarbeiten. Die Landeselternvertretung Gymnasien fragt, wie weit diese Arbeit fortgeschritten ist.
- Ist eine Studie zur Studierfähigkeit zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll? Nach Meinung der LEV Gymnasien bieten die bisher vorliegenden Studien schon einige Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Weiterarbeit. Die Eltern pflichten den Philologen bei, eine neue umfangreiche Studie zur Studierfähigkeit könne sinnvoll sein. Sie wollen aber erst die Einführung der angekündigten Mindeststandards und die Umsetzung aktuell angekündigter Reformen abwarten.
- Lässt sich die Eignung eines Abiturienten für ein bestimmtes Studienfach oder einen Ausbildungsweg besser vorhersagen? Die Elternvertreter möchten darüber sprechen, wie sich die individuelle Beratung der Oberstufenschüler verbessern lässt. Falsche Vorstellungen von Studium oder Ausbildung und eine ungenügende Einschätzung der eigenen Begabung und Fähigkeiten sind oft Ursache für Brüche im Bildungsweg.
- Was tragen die Universitäten dazu bei, die Abiturienten über die Anforderungen einzelner Studienfächer aufzuklären? In einer Resolution aus dem Jahr 2002 verpflichtet der Deutsche Hochschulverband die Fakultäten dazu, umfassend zu „dokumentieren, welche inhaltlichen und leistungsmäßigen Anforderungen sie für die jeweiligen Studienfächer an Studienanfänger stellen.“ Keine der Hochschulen, bei denen die LEV Gymnasien nachgefragt hatte, war dieser Aufgabe nachgekommen.
- Sollte man Universitäten mehr Freiheiten geben, eigene Zulassungskriterien festzulegen? Studien weisen darauf hin, dass besonders die Kombination von Abiturnote und fachspezifischem Eingangstest einen guten Hinweis auf den späteren Studienerfolg geben kann. Auch die Noten einzelner Fächer, außerschulisches Engagement, berufliche Ausbildungen oder Einzelgespräche werden schon jetzt vereinzelt für die Auswahl von Studenten herangezogen.
Die Forschungslage ist zwar schwierig, einige Ansatzpunkte für Verbesserungsmöglichkeiten zu diesen Fragen sind aber schon ausgemacht worden. Die LEV Gymnasien schlägt vor, diesen Hinweisen zielgerichtet nachzugehen. An der Arbeit möchten sich die Elternvertreter konstruktiv beteiligen.
(Reaktion auf einen Artikel in der Saarbrücker Zeitung vom 9. September 2016, nicht erschienen)