Engere Kopplung der Schnittstelle Schule – Studium
Zustand: Die Zahl der Studienabbrecher und Studienfachwechsler ist in Deutschland seit Jahrzehnten etwa gleichbleibend hoch. Studienabbrüche erfolgen zu etwa 30% aufgrund von Leistungsproblemen – die überwiegende Zahl jedoch aufgrund sonstiger Umstände wie finanzieller oder gesundheitlicher Probleme. Es gibt Hinweise darauf, dass die neue sehr straffe Gestaltung der Bachelor-Studiengänge bei Einsteigern zu Leistungsproblemen und krisenhaften Versagensängsten führen kann. Deswegen wird die Vorbereitung im Rahmen der Schule insbesondere in Bezug auf selbstständiges Arbeiten immer wichtiger. Studien konnten zeigen, dass der Studienerfolg wahrscheinlicher wird, wenn bereits innerhalb der Oberstufe eine vertiefte fachliche Auseinandersetzung mit dem Studienthema erfolgte. Diskutiert wird unter Fachleuten über die Gefahr, im Rahmen kompetenzorientierter Schulbildung die Vermittlung von studienrelevantem Wissen zu vernachlässigen. Immer wieder wird auch eine mangelnde Nachhaltigkeit unterrichteter Fähigkeiten und Kenntnisse kritisiert.
Analyse: Dass die Quote der Studienabbrecher trotz der deutlichen zahlenmäßigen Zunahme von Abiturienten und Studienanfängern in Deutschland etwa gleichbleibt, ist als positiv anzuerkennen. Andererseits ist die Zahl betroffener junger Menschen so groß, dass die Ursachensuche weiter vorangetrieben und offen diskutiert werden muss. Dabei steht beispielsweise der Numerus Clausus in der Kritik, der erstens nicht das unterschiedliche Niveau der Abiture in den Bundesländern widerspiegelt und zweitens vielfach zur “Notwahl” eines ungünstigen Studienfachs führt. Ebenso kann konstatiert werden, dass die Einführung der “konservativen” Oberstufe mit ihrer sehr eingeschränkten Wahl an Vertiefungskursen wahrscheinlich nicht den gewünschten Effekt auf die Studierfähigkeit hatte. In Bezug auf neue Unterrichtsmethoden und Leistungsmessungskonzepte sind Effizienz und Effektivität wissenschaftlich oft nicht hinreichend belegt. Damit ergeben sich Risiken für die Qualität der Hochschulreife.
Forderungen: Bereits vor mehr als einem Jahr hatte die LEV Gymnasien aus den oben genannten Gründen eine erneute Ausweitung der E-Kurse von Deutsch, Mathematik und Fremdsprache auf die meisten anderen Fächer, insbesondere aber die naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächer gefordert. Zusagen aus dem Bildungsministerium lassen Schritte erwarten, die die vertiefte fachliche Ausbildung in mehr Fächern als bisher ermöglichen. Diese Zusagen sollten nach sorgfältiger Vorbereitung so bald wie möglich in die Tat umgesetzt werden. Die Auswirkung auf die Erfolge bei Studium und Ausbildung müssen erfasst und analysiert werden. Grundkonzepte der Kompetenzorientierung sollten zielgerichtet und mehr als bisher genutzt werden, um die Selbstorganisation der Schüler zu stärken und damit Schwierigkeiten beim Übergang zum Studium abzuschwächen.
→ Sorgfältige und zügige Umsetzung der Erweiterung der E-Kurse auf naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Bereiche, Erweiterung auch auf andere Gebiete
→ Evaluation der Erweiterung des E-Kurs-Angebots und weiterer Modernisierungsmaßnahmen an saarländischen Gymnasien
→ Schrittweise und altersentsprechende Förderung der Schülerkompetenzen mit Bezug zu selbstständigem und organisiertem Arbeiten als Vorbereitung für Studium und Ausbildung
Quellen:
U. Heublein, J. Ebert, C. Hutzsch, S. Isleib, R. König, J. Richter, A. Woisch: Zwischen Studienerwartungen und Studienwirklichkeit, Ursachen des Studienabbruchs, beruflicher Verbleib der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher und Entwicklung der Studienabbruchquote an deutschen Hochschulen, Forum Hochschule 1-2017, Hannover: DZHW, 2017
U. Küppers: Das Bachelor-Studium aus systemischer Sicht, Qualität in der Wissenschaft QiW, 1. Jg., S. 12-19, 2010