Blauer Brief für die Bildungsministerin

Blauer Brief für die Bildungsministerin
Viele Familien haben in den letzten Wochen – wider Erwarten – blaue Briefe erhalten. Im letzten Jahr kommunizierte die saarländische Bildungsministerin, dass alle Kinder in der Unterstufe nicht mehr sitzenbleiben. Diese Änderung war in dem vorliegenden Gesetzentwurf zum neunjährigen Gymnasium ebenfalls festgelegt worden. „Damit wähnten sich viele Eltern auf der vermeintlich ‚sicheren‘ Seite. Die Klassenstufe 5 und 6 am Gymnasium sind für mein Kind ‚safe‘,“ so Oltmanns.
Jetzt erleben viele Eltern ein böses Erwachen, denn in den letzten Wochen sind blaue Briefe verschickt worden. Auch bei der LEV-Gymnasien gingen Beschwerden ein. Die LEV konnte sich nur auf die ihnen vorliegende Verordnung berufen, die ab dem Schuljahr 2023/2024 das ‚Sitzenbleiben‘ zwischen Klassenstufe 5 und 6 aufhebt.
Abgesehen von der Tatsache, dass vom MBK eine Aufhebung des Sitzenbleibens an den Gymnasi-en langfristig angestrebt wird, fragt die LEV-Gymnasien, ob hier eine Verordnung geschaffen wird, die tatsächlich zum Wohl der Schülerinnen und Schüler gedacht ist? Denn ein Weiterversetzen in die nächste Klassenstufe ohne ausreichende Leistungen ist ein Verschleppen von Defiziten. Das erzeugt im Zweifel Frust und Überforderung bei Schülern und Eltern. Eine Evaluation des Schulversuchs ‚Fördern statt Sitzenbleiben‘ an den Gymnasien, der noch vom ehemaligen Bildungsminister Ulrich Commerçon gestartet wurde, wurde vom MBK nicht durchgeführt.
Dagegen kann die LEV Gymnasien Daten zu einer im Jahr 2019 durchgeführten Elternbefragung vorlegen. In der Umfrage zum Übergang von der Grundschule ans Gymnasium hatten 2/3 der El-tern bei Abweichung zwischen Elternwillen und Empfehlung der Grundschule einen Test für den Übergang ans Gymnasium als sinnvoll angesehen. Oltmanns kritisiert: „Eine Übergangsregelung nicht mal im Ansatz anzudenken und als nächsten Schritt das Sitzenbleiben an den Gymnasien abzuschaffen hat nicht automatisch zur Folge, dass am Ende mehr Bildungsgerechtigkeit herauskommt.“
Im Fall der blauen Briefe, von denen einige Familien jetzt überrascht wurden, hat das Bildungsministerium versäumt, Eltern, Schüler und Lehrer rechtzeitig zu informieren, welche Versetzungsregelungen in der Unterstufe für dieses Schuljahr an den Gymnasien gültig sind.

Katja Oltmanns und Roman Quirin